Mittwoch, 29. Oktober 2014

Niemand ist perfekt!

Ich würde nicht mal im Traum daran denken, mich selbst als „perfekt“ zu bezeichnen. Ich habe so viele Macken, durch die ich weit von diesem Begriff entfernt bin. Meiner Meinung nach ist perfekt ein irreales Wort, das in keinerlei Ausprägung existiert. Was ist perfekt? Wer ist perfekt? Das einzige, was perfekt ist, ist das Wort selbst. Nichts und niemand ist perfekt und das sollte man sich so früh wie möglich klarmachen und eingestehen. Aber wenn das angeblich so viele Menschen wissen, warum gibt es dann so viele Perfektionisten auf dieser Welt?
Ich war selbst mal so eine und ich bin froh, dass ich es nicht mehr bin. Es hat mir nichts als Kummer gebracht. Als Perfektionist hat man ständig das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Man muss immer besser sein, denn man hat dieses unrealistische Bild von Perfektion im Kopf, das man niemals erreichen kann, weil es nicht in der Realität umsetzbar ist. Egal was man macht, es wird nie reichen. Perfektionismus ist Gift für das Selbstbewusstsein. Dadurch, dass man sich unbewusst selbst immer kleiner macht, als man eigentlich ist, schrumpft der Glaube an sich selbst auf dieselbe Größe. Man kann auch keine Komplimente mehr angemessen auffassen. Man denkt immer: „ja klar“ oder „die wollen doch nur nett sein!“ und kann sich gar nicht mehr über nette Worte von anderen Menschen freuen.
Dieser Grundgedanke des Perfektionismus hat sicherlich irgendwo seinen Ursprung. Ich will hier jetzt kein Pseudo-Psychologen-Gelaber anfangen, aber ich denke bei mir hatte das viel mit der Pubertät und den nicht immer so netten Kindern in der Schule zu tun. Viele von uns haben das zu Schulzeiten erlebt, von anderen geärgert" zu werden (harmlos gesagt). Nur wenige Glückspilze kommen drum herum. Ich war immer das Mädchen, das zu dünn war und in ihrem Körper für ihr Alter noch nicht weit genug entwickelt. Für mein Alter war ich genau richtig – nur den anderen hat es nicht gepasst. Wenn man mit den Genen einer späten Entwicklung geboren wird, ist es klar, dass man mit 13 noch nicht so weit ist wie die anderen Mädchen in der Klasse. Und wenn man für etwas aufgezogen wird, wofür man selbst nichts kann, ist das kein schönes Gefühl. Ich wollte nur kurz die Ausgangslage anreißen, weil ich von vielen weiß, dass sie es in der Schule nicht leichter hatten und bei vielen hat das im Selbstbewusstsein einen Knacks hinterlassen.
Aber ich denke das ist kein Wunder. Wenn man in der Zeit seines Lebens, die wohl die größte Ungewissheit und Unsicherheit mit sich bringt, von Gleichaltrigen eingetrichtert bekommt, dass irgendetwas nicht stimme mit einem. Dass man auf irgendeine Weise nicht gut genug sei. Natürlich glaubt man das. Und man schaut sich die anderen an und wünscht sich, so zu sein wie sie. Man wünscht sich einen anderen Körper, ein anderes Aussehen, ein anderes Leben. Man wünscht sich, perfekt zu sein. Dass man diese Wünsche niemals erfüllen kann, weiß man in dem Alter noch nicht. Aber man wird es früh genug zu spüren bekommen.
Ich habe mich früher für mich selbst geschämt und das hat Spuren hinterlassen. Kinder können grausam sein und heute wüsste wohl keiner von denjenigen mehr, was sie tatsächlich damit angerichtet haben. Aber bei mir blieb es hängen und hat mich noch Jahre danach daran erinnert. Ich wurde zur Perfektionistin. Mein Grundgedanke war, besser sein zu wollen als diejenigen, die sich damals über mich lustig gemacht haben, um mich dann über sie lustig machen zu können. Eigentlich genauso dumm, weil ich mich dadurch unweigerlich auf deren Niveau heruntergelassen habe. Aber ich wollte es trotzdem. Ich wollte Vergeltung. Nur das war leider der falsche Weg. Denjenigen etwas beweisen zu wollen, die einen mal gemobbt haben,  ist dumm. 
Hätte ich damals so gedacht wie jetzt, dann hätte ich drüber gestanden und mich kaputt gelacht. Denn wer sind diese Menschen? Zu meinen besten Freunden haben sie nie gehört. Also waren sie mir nicht wichtig. Warum also sollte deren Meinung dann mein Leben beeinflussen? Es gibt keinen Grund. Der beste Tipp: darüber hinwegkommen, sich nichts darauf einbilden. Und am besten noch drüber lachen. Manche können das früher, andere erst später. Ich war schon immer ein Mensch, der sich alles sehr zu Herzen genommen hat, deswegen habe ich das erst spät gelernt. Aber bekanntlich ist ja spät besser als nie!
Wenn man für andere Leute perfekt sein will, statt für sich selbst, dann kann das ohnehin nicht der richtige Weg sein. Man sollte Entscheidungen über sein Aussehen und seine Persönlichkeit immer für sich selbst treffen und nie für andere. Schon gar nicht, wenn es Menschen sind, auf die man gut verzichten kann. Ein Perfektionist wird meiner Meinung nach nur durch die Gesellschaft geboren. Er würde nicht von allein und ohne Einfluss anderer darauf kommen, perfekt sein zu wollen. Ein Perfektionist wird niemals zufrieden sein mit sich, und er wird im schlimmsten Fall auch niemals mit anderen Menschen zufrieden sein. Er kann sich selbst (und andere) nicht so akzeptieren wie sie sind. Er wird immer etwas auszusetzen haben. Und wer mag schon Menschen, die sich am laufenden Band nur am beschweren und am rumnörgeln sind? Ich jedenfalls nicht.
Ich finde, dass die Gesellschaft Schuld daran ist und die Lage wird sich in Zukunft weiter verschärfen. Das Streben nach sozialer Anerkennung hat auf Facebook Fuß gefasst. Die Anzahl der Likes unter dem neusten Profilbild entscheidet darüber, wie hübsch oder beliebt jemand ist und die Jugendlichen von heute messen anhand dessen ihr Selbstwertgefühl. Ist das nicht traurig? Ich finde schon. Ich warte nur auf den Tag, an dem der Dislike-Button eingeführt wird und das Mobbing erst so richtig losgeht. Ich bin wahnsinnig froh, nicht mehr Teil dieses Wahnsinns zu sein. Durch Photoshop wird das Ganze noch zusätzlich schlimmer finde ich. Jedes zweite Bild auf Facebook ist bearbeitet und jeder kennt einen, der einen kennt, der einem Photoshop kostenlos besorgen kann. Und so nimmt das Drama seinen Lauf. Alles wird bearbeitet und in den schlimmsten Fällen so, dass man die Person auf der Straße nicht wieder erkennen würde. Versteht mich nicht falsch, ich nutze selbst Photoshop, aber ich bin ein Feind exzessiver Bildbearbeitung, die die Grenzen des in der Realität Möglichen überschreitet! Da kenne ich auch einige Kandidatinnen: Nase kleiner machen, Gesicht schmaler machen, den ganzen Körper dünner machen usw. Wenn man selbst jahrelange Erfahrung mit Photoshop hat, entwickelt man irgendwann einen Blick dafür, was „echt“ ist und was nicht. Und für die anderen unter uns, die kein Photoshop haben oder sich nicht gut damit auskennen und vielleicht nicht direkt sehen, dass Fotos bearbeitet sind, ist das sicherlich nicht angenehm. Plötzlich ist jeder so hübsch und so dünn und so „perfekt“ und dabei ist nichts davon echt. Alles nur Show. Aber wozu die ganze Show? Meine Theorie: Je „perfekter“ das Profilbild, desto mehr Likes, desto mehr soziale Anerkennung, desto mehr Bestätigung. Soziale Anerkennung ist eine sehr ansteckende Krankheit des 21. Jahrhunderts. Hat es dich einmal erwischt, so ist an Heilung fast nicht mehr zu denken. Das einzige Gegenmittel ist wohl, sich damit auseinander zu setzen, das ganze aus einer anderen Perspektive zu betrachten und sich zu fragen, was man davon hat, anderen eine Scheinrealität vorzugaukeln, die nur auf Facebook besteht. Mein Tipp: Meldet euch ab! Zu diesem Thema werde ich aber noch einen extra Post verfassen. Viele werden an dieser Stelle denken, dass es paradox ist, dass ich auf einem eigenen Internetblog einen Post gegen soziale Anerkennung im Internet verfasse. Wenn ihr mehr darüber erfahren wollt, dann verfolgt meinen Blog weiterhin. Es wird demnächst auch darüber noch ein ausführlicher Post erscheinen.
Mein Schlusswort: Hört auf, nach Perfektionismus zu streben! Versucht die beste echte Version eurer Selbst zu sein und niemand anderes. Nur wer sich selbst so akzeptiert wie er ist, kann mit sich zufrieden und glücklich sein.


Ich trage: Hut - H&M, Kleid + Gürtel  - Forever21, Strumpfhose - H&M, Schuhe - Zara.

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